Verirrt! Was nun?

Diese 10 Dinge haben mir aus einer ausweglosen Situation geholfen

Kein Vor und – noch viel schlimmer – kein zurück? Ich hab mich beim Biken – oder besser gesagt beim Bike-Tragen über einen verfallenen Steig – in eine absolut dämliche Situation begeben: Ich habe einfach nicht bedacht, dass die ohnehin verwachsene Strecke nicht mehr passierbar sein könnte und ich all das (bergauf) zurück muss. Eine Erfahrung, die ich nie wieder machen möchte! Dennoch habe ich einiges "am Weg zurück" gelernt und diese Punkte festgehalten. Wie das alles ausgegangen ist, erfährst du am Ende des Artikels.

Diese 10 Glaubenssätze haben mir geholfen, als ich mich samt Bike katastrophal verfahren bzw. verirrt habe:

1. Ich entscheide ruhig, aber ich entscheide rechtzeitig. Links, rechts, vor, zurück. Je mehr Optionen in meinem Kopf rumgeistern, desto weniger komme ich vorwärts. Daher treffe ich eine Entscheidung und richte meine Kräfte und Aktionen darauf aus.

2. Ich trenne reale Bedrohungen von lächerlichen TV-Szenen und wappne mich dagegen. Was ich schon lange bei meinen (Solo-)Touren gelernt habe: 90% meiner Ängste sind garantiert nur antrainiert/gehört/in Filmen gesehen und nicht meinem Umfeld geschuldet. Ich mache mir bewusst, was wirklich zum Verhängnis werden könnte und konzentriere mich darauf, dafür eine Lösung zu finden.

3. Ich sag mir meine Stärken laut vor.
"Ich weiß, dass ich stark bin." "Was ich tue, überlege ich mir genau." "Ich komme heil hier raus, weil ich sowas durchziehe."

4. Ich lasse bewusst nur positive Gedanken* in meinen Kopf und sprich sie laut aus. Das zu hören ist wertvoller, als es "nur" zu denken.

5. Ich setz mir realistische Ziele und bin so streng zu mir wie nie zuvor. Besonders anstrengende Aktionen oder nerven zehrende Fehlversuche – Ich setze mir kleine, erreichbare Ziele. Das können bestimmte Strecken, eine Zeitdauer oder eine bestimmte Aktion sein. Wenn ich dieses Ziel erreicht habe, sag ich mir wieder laut vor, dass ich das gut gemacht habe oder belohne mich (siehe Ptk. 5). So bemerke ich, dass sich etwas in die positive Richtung entwickelt.

6. Ich prüfe und dosiere mein Wasser/Flüssigkeit, Essen und meine Kraft. Wenn's eng werden könnte: Sparen! Wie in Punkt 4 setze ich mir auch hier Ziele oder sehe das Wasser als Belohnung, wenn ich eine besonders haarige Passage geschafft habe. Wenn ich eine Passage zuerst prüfen muss, lasse ich das Bike zurück.

7. Ich bleibe ruhige, bewege mich langsam und fokussiert. Verletzungen sind um jeden Preis zu vermeiden. Daher setze ich jeden Schritt bewusst. Schwere und anstrengende Bewegungen führe ich nur aus, wenn ich mich kräftig genug dafür fühle. Wenn ich eine Pause brauche, mache ich diese bewusst und für eine vorher bestimmte Zeit.

8. Ich nutze meine Utensilien sparsam und achte besonders darauf. Wie auch bei Nahrungsmittel gehe ich sparsam und sorgsam mit Ausrüstungsgegenständen um. Nach jeder Benutzung verstaue ich sie sicher, auch wenn das Zeit kostet! Feuerzeug, Handy, Kleidung, Schnüre – Alles ist wertvoll oder könnte noch wichtigl werden. Wenn ich das Smartphone nicht benötige oder es mir ohnehin gerade nicht hilft, schalte ich den Ultra-Stromspar-Modus ein.

9. Ich, ich, ich – immer ich zuerst.
Ich bin am wichtigsten und wähle den sichersten Weg! Equipment, Bike oder sonstige Gegenstände sind notfalls ersetzbar! Das widerspricht nicht Punkt 7, sondern zeigt nur die Prioritäten.

10. Bei aller Konzentration bleibe ich flexibel und aufmerksam. Konzentration und Fokus sind wichtig und verwandeln meine Angstenergie in etwas Nützliches. Trotzdem muss ich die Witterung, Uhrzeit und Umgebung im Auge behalten. Tut sich zum Beispiel wo ein (sauberer) Bach auf, nutze ich die Gelegenheit, um Wasser nachzufüllen.
Keine Heldentaten. Kein Risiko. Mal ehrlich: Meine Risikobereitschaft hat mich dahin geführt, wo ich jetzt stecke (also im Klartext: Ist nicht so g'scheit gewesen). Jetzt ist es Zeit für Sicherheit und einen Ausweg aus dem Schlamassel.


So endete diese Geschichte …
Nach 3,5 Stunden Weg suchen, Bike tragen, Bike über Felsen heben, gegen Totholz treten und meine nagelneuen Protektoren preisen (die mir viel Schmerzen erspart haben), habe ich den Weg zurück gefunden und samt Bike absolviert. Währenddessen hab ich mein 12,5 kg schweres Bike mindestens 250 Mal hochgehoben, was mich in Summe über 3 Tonnen stemmen ließ. Dabei hat mein 3-Touren-junges Gefährt hat genauso viele Schrammen abbekommen, wie ich selbst. Meine sind mittlerweile verheilt.

PS: Das folgende Foto hab ich gemacht, als ich den Einstiegspunkt wieder erreicht habe. Falls sich jemand fragt?! So sieht Erleichterung aus.

PPS: Alle dargelegten Punkte entstammen meiner persönlichen Erfahrung und sind keine allgemein gültigen Handlungsempfehlungen.  Ich hatte das Glück, unverletzt und bei Kräften zu sein. Im Falle von Verletzungen oder großer Erschöpfung, solltest du natürlich Hilfe anfordern, sofern möglich. 


* Das mit den "positiven Gedanken" schreibt sich natürlich einfach. Manche Verhaltensweise sind auch Erfahrungssache und nicht zuletzt eine Typfrage. Es ist völlig normal, Angst zu haben, wenn man nicht mehr weiter weiß. Angst löst im Körper –ebenso wie Stress – eine Reihe chemischer Reaktionen aus. Manche dieser Reaktionen sind uns nützlich, weil die Muskeln dadurch mit extra Energie versorgt werden. Ein weniger nützlicher Aspekt ist der, dass Denkprozesse zugunsten der körperlichen Energie runtergefahren werden. Weil wir aber denken müssen, um uns aus der Situation zu befreien, darf die Angst nicht zum Steuermann werden.


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